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Feldarbeit
Etappe 1
La Paz - Cochabamba
November, Dezember 2002
Alle Bilder in dieser Etappe wurden ausser den Kulturfotos ab Dias digitalisiert.
Auf dieser Wanderung von La Paz nach Cochabamba wollte ich herausfinden, wie weit sich die Gattung
Sulcorebutia nach Norden ausgebreitet hat. Bis anhin war bekannt, dass die nördlichsten Verbreitungsgebiete
sich in der Provinz Ayopay, Dep. Cochabamba, befinden. Meine Absicht war, in dieses Gebiet vorzustossen und
von dort weitere Gebiete bis nach Cochabamba zu erforschen.
Meine Reise begann südlich von La Paz bei meinem Freund Walter Schmid, der in Mallasa am Oberlauf
des Rio La Paz das Hotel Oberland betreibt.
Rio La Paz südlich La Paz Von dort wanderte ich an der Ostseite des Rio La Paz flussabwärts.
In diesem weiten Tal befindet sich in hohen Lagen das Hauptverbreitungsgebiet der Lobivia backebergii,
HJ 436, das weiter südlich bis in die Cord. Quime Cruz bei Araca reicht. Oreocereus pseudofossulatus ist
ebenfalls und nur hier im oberen Abschnitt des Rio La Paz verbreitet, jedoch nicht bis ins westlich gelegene
Hochland.
Lobivia backebergii HJ 436 - Pico de Diablo südlich La Paz Mepoca am Rio La Paz Kulturpflanzen von Lobivia backebergii HJ 436: Klon 1, 2 und 4. Kartoffel Kultur - Valle de La Luna bei Meapoca HJ 436b Lobivia backebergii - Valle de la Luna HJ 435 Echinopsis bridgesii - Rio La Paz Oreocereus pseudofossulatus - Rio La Paz In diesem Hochtal befindet sich auch das nördlichste Verbreitungsgebiet des Corryocactus melanotrichus,
der auch im Süden von Bolivien zu finden ist.
Corryocactus melanotrichus - Rio La Paz
In tieferen Lagen findet man, wenn auch selten, noch einen anderen
Vertreter des Corryocactus. Ich vermute, es handelt sich um Corryocactus pulquinensis. Der Typstandort befindet
sich allerdings im Tiefland von Santa Cruz im Osten von Bolivien.
Corryocactus pulquinensis - Rio La Paz
Cerus comerapana mit Tillandsia usnoides - Rio La Paz
Mexikanischer Stachelmohn (Argemone mexicana),
Erd-Burzeldorn Tribulus und Puya spec. Dort wo der Rio La Paz nach Osten sich durch eine enge Schlucht zwängt, liegt der Standort der
Parodia echinus, Ritter, HJ 934. Es ist der nördlichste Standort aller Parodienarten.
HJ 934 Parodia echinus - Rio La Paz
Kulturbilder Klon 6
Verlässt man den Rio La Paz nach Süden, gelangt man in eine trockene menschenfeindliche Region.
Cleistocacus spec. und Puyas und Tillandsien
Oberhalb der Ortschaft Araca in hohen Lagen am Fusse der Cord. Quime Cruz befindet sich ein weitgehend unbekannter
Standort der Puya raimondii.
Puya raimondii oberhalb der Ortschaft Araca
Am selben Ort wie die Puya raimondii auf 4´100 m findet man das südlichste Vorkommen von Lobivia backebergii und
Formen von Lobivia caespitosa HJ 936, die weitläufig in hohen und feuchten Lagen verbreitet sind.
Lobivia backebergii
Bomarea dulcis
Lobivia caespitosa fa. HJ 936
Kulturbilder: Lobivia caespitosa fa. HJ 936-1
Mit einem klapprigen Bus ging es weiter nach Quime und Inquisivi. Wegen einer gebrochenen Vorderachse, die
unterwegs zuerst repariert werden musste, dauerte die Fahrt etwas länger.
Auf einem Lastwagen holperte ich weiter bis nach Jaco Pampa am Oberlauf des Rio Sacambaya. Er ist zugleich
Grenzfluss zwischen den beiden Departamentos La Paz und Cochabamba. Von nun an werden meine Schuhsolen
wieder strapaziert. Es geht weiter in Richtung Independencia.
Orchidee: Trichocentrum aff.
Beim Abstieg zum Rio Sacambaya gelangt man an den am weitesten nach Westen verbreiteten Standort
der Parodia ayopayana HJ 937. Diese sind vor allem in tiefen Lagen entlang grösserer Flusstäler im
Ayopaya-Gebiet zu finden. Das gleiche gilt auch für den basalverzweigten bis zu drei Meter hohen
Cleistocactus laniceps.
Parodia ayopayana HJ 937
Kulturbilder: HJ 937 Klon 4, 6, 7, 11 und 12
Cleistocactus laniceps
Von diesem Trockental geht es hoch in einen Nebelwald und weiter auf einem 4´000 m hohen nach
Süden verlaufenden Gebirgszug.
Polylepis Wald
Tal des Rio Sacambaya
Auf dem Cerro Khala Cruz 4´000 m in feuchtkühlem Klima findet man wieder Lobivia caespitosa HJ 938.
Lobivia caespitosa fa. HJ 938
Independecia ist Sitz der Verwaltung der Provinz Ayopaya.
Von Independencia wanderte ich oberhalb des Rio Negro wieder nach Norden bis ins Mündungsgebiet des
Rio Negro/Rio Sacambay. Beim Abstieg zum Rio Sacambaya entdeckte ich mit grosser Freude den ersten Standort
von Sulcorebutien. Die aus Standort-Samen gezogenen Pflanzen und jahrelangen Beobachtungen und Vergleiche
mit anderen Populationen aus der Region, haben gezeigt, dass es Formen sind von Sulcorebutien arenacea var. candiae HJ 939.
Es ist der nördlichste Standort dieser Art.
Sulcorebutien arenacea var. candiae HJ 939
Kulturpflanze: HJ 939 Klon 1
Kulturpflanzen: HJ 939 Klon: 6, 8, 12, 16, 18, 20, 21 und 23
Wenige hundert Höhenmeter tiefer oberhalb des Rio Sacambaya fand ich erneut einen Standort von
Sulcorebutien in einer mit Flechten bewachsen Schutthalde. Es ist eine extrem bedornte Form von
Sulcorebutia arenacea var. menesesii HJ 940. Bereits Fridrich Ritter hatte ähnliche Formen weiter südlich
am Rio Negro gefunden.
Sulcorebutia arenacea var. menesesii HJ 940
Kulturpflanzen: HJ 940 Klon: 2, 3, 5, 9, 12, 17 und 22
Gütertransport am Rio Sacambaya
Reichhaltige Vegetation auf dem Gelände der Hacienda Pampa Grande am Rio Sacambaya.
Bild 1+2: Furcraea spec., Bild 3: Furcraea boliviensis
Furcraea treiben bis 5m hohe Bluetenstände Parodia ayopayana
Harrisia tephracantha
Cleistocactus laniceps
Opuntia schickendantzii fa. - vermutlich hybridisiert mit Kultur-Opuntien
Bromeliengewächse
Da es von hier keinen direkten Weg gibt nach Cotacayes, habe ich mich in der Nähe bei der
Familie Garcias auf der Hacienda Pampa Grande erkundigt, ob es möglich sei, den Rio Sacambaya/Rio Cotacayes
hinunterzulaufen. Wegen des hohen Wasserstands wurde mir gesagt, dass es nur mit Pferden möglich sei und
auch mit diesen sei es schwierig. Da die Familie fern ab jeglichen Strassen lebt, besitzen sie einige Pferde
und Maultiere. So kam es, dass zwei Burschen bereit waren mich mit Pferd und Maultier während zwei Tagen auf
diesem abenteuerlichen Trip nach Cotacayes zu begleiteten. Doch die starken Regenfälle in der Nacht hatten den
Fluss ansteigen lassen, und wir mussten das Unternehmen auf den nächsten Tag verschieben. So verbrachte ich zwei
wunderschöne Tage in dieser Abgeschiedenheit mit tropischen Fruchtbäumen und einer Kokaplantage, von der die
Familie hauptsächlich lebt.
Bei Familie Garcias, Hacienda Pampa Grande
Kinder von Jorge Garcia mit Harrisia tephracantha Blüten
Vorbereitungen für Expedition nach Cotacayes
Coca Plantage Hacienda Pampa Grande
Bromeliengewächs am Rio Cotacayes
Eine von vielen Überquerungen am Rio Cotacayes
Weiter ging es zu Fuss über eine Punalandschaft in Richtung Rio Negro. In tieferen Lagen durchquere ich einen
nebelverhangenen Bergurwald mit zahlreichen epiphytischen Pflanzen auf Bäumen, auch Echeverien, die auf
Bambussträuchern wachsen.
Hochland östlich des Rio Negro
Nebelwald mit Bromeliengewächse
Tillandsia usnoides
Echeveria spec. HJ 949 (Bild 2-4: Kulturpflanze)
Als ich oberhalb des Rio Santa Rosa/Rio Negro nach Süden unterwegs war, begegnete ich zwei Indios, die mich
aufforderten in ihr nahegelegenes Dorf Pucarani zu kommen. Obwohl sie anfänglich sehr freundlich waren, ahnte
ich nichts Gutes. Sie sagten, ich müsse hier im Dorf übernachten und brachten mich in einen Geräteschuppen.
Ich hatte meinen Rucksack noch nicht abgestellt, war die Tür bereits verriegelt.
Kartoffeltransport
Puya spec.
Diese ganze Geschichte und eine ähnliche noch schlimmere kann man in dem vorliegenden
Protokoll lesen, das ich
später bei meinem Freund Walter in La Paz geschrieben habe. Dieses habe ich anschliessend persönlich auf dem
Schweizer Konsulat in La Paz als Information abgegeben. Wie im Protokoll beschrieben, wurde ich nach 16 Stunden
Haft im Dunkeln ohne Wasser in die Schlucht des Rio Santa Rosa verbannt. Dahin wollte ich sowieso, doch einen 1´400 m
tiefen Abstieg ohne Wasser bei dem Klima war gefährlich und menschenunwürdig. Schon bald entdeckte ich eine weitere
Population von Sulcorebutia arenacea var. candiae HJ 941 und HJ 942. Es sind ähnliche Formen, wie man sie auf der
gegenüberliegenden Seite vom Tal bei Santa Rosa finden kann, und seit längerem bekannt sind. Doch manche dieser
gefundenen Pflanzen zeigen eine aussergewöhnlich dichte und lange Bedornung. Obwohl geschwächt von Durst und
Strapazen nahm ich mir die Zeit, die Pflanzen zu dokumentieren und Samen zu sammeln.
Sulcorebutia arenacea var. candiae HJ 941
Kulturpflanzen: HJ 941 Klon: 1, 4, 5, 11, 13, 17, 20, 22, 33, 2x 36 und 38
Sulcorebutia arenacea var. candiae HJ 941a
Kulturpflanzen: HJ 941a Klon: 2, 3, 4, und 7
Sulcorebutia arenacea var. candiae HJ 942
Erschöpft am Rio Santa Rosa angekommen, konnte ich endlich meinen Durst löschen. Dort wächst verbreitet Paraodia ayopayana.
Im Gegensatz zu der weiter nördlich wachsenden Parodia ayopayana sprossen diese stark und der Habitus zeigt ein etwas anderes aussehen.
Parodia ayopayana HJ 943 mit Cylindropuntia spec. Rio Santa Rosa
Parodia ayopayana HJ 943 Rio Santa Rosa
Tillandsia paleacea
Hier unten am Rio Santa Rosa machte ich meine letzten Fotos, denn bei meiner Wanderung weiter nach Süden wurde
ich im Dorf Condor Nasa wieder eingesperrt und der Film in der Kamera wurde beschlagnahmt. Was dort
alles vorgefallen ist, kann man im Protokoll lesen. Unter diesen Umständen war es nicht mehr möglich,
meine Reise wie geplant fortzusetzen und reiste nach 24 Tagen Abenteuer zurück nach La Paz.
Im Nachhinein war ich froh, diese schöne und weniger schöne Zeit heil und ohne Schaden überstanden zu haben.
Literatur:
Echinopseen 3 (2) 2006
Eine Revision der Sulcorebutien des nördlichen Verbreitungsgebietes Teil 2 W. Gertel/J. de Vries |